Überwachung der Trinkwasserqualität auch im Krisenfall

Forschungsprojekt NANObeST

Motivation und Problemstellung

Die Bereitstellung von Trinkwasser gehört zu den wichtigsten Aufgaben in Krisenfällen. Hierzu muss sichergestellt werden, dass potenzielle Rohwasserquellen keine schädlichen Keime oder Toxine enthalten. Während sich sensorische, physikalische und chemische Parameter innerhalb weniger Minuten bestimmen lassen, können mikrobielle Verunreinigungen jedoch erst nach frühestens 18 Stunden oder, im Falle der Gesamtkeimzahl, erst nach längerer Inkubation von mehr als 40 Stunden festgestellt werden, so dass die Trinkwasseraufbereitung und -bereitstellung erst mit großer zeitlicher Verzögerung erfolgen kann.

Projektziel und Lösungsansatz

Das übergeordnete Ziel von NANObeST war die Erforschung, Erprobung und Etablierung eines feldtauglichen, mobilen Schnellanalysesystems zur Aufdeckung vielfältiger mikrobieller Verunreinigungen in Wasserproben innerhalb von zwei Stunden. Darüber hinaus sollte zur Qualitätskontrolle des erschlossenen und gelagerten Reinwassers dessen Gesamtkeimzahl mittels eines stationären Analysesystems zeitnah überwacht werden können. Erreichen lässt sich dieses durch den Einsatz spezieller magnetischer Nanosonden, die bestimmte Keime oder von ihnen produzierte Signalstoffe in dem zu untersuchenden Wasser gezielt binden und magnetisch markieren.

Mittels der angestrebten Analyseverfahren soll es dem THW und anderen Einrichtungen, die für Trinkwasserversorgung und Sicherheit zuständig sind, zukünftig ermöglicht werden, im Einsatz innerhalb kürzester Zeit mikrobielle Verunreinigungen von Rohwasserquellen zu detektieren und zu quantifizieren, Gefahren mikrobiellen Ursprungs im bereitgestellten Trinkwasser zu erkennen und die Routineüberwachung der Trinkwasserqualität gegenüber etablierten Verfahren deutlich zu beschleunigen.

Das Fraunhofer IME war hauptverantwortlich für die Entwicklung von maßgeschneiderten Detektionsansätzen für die vom THW vorgegebenen Einsatzszenarien. Hierzu gehören neben der Bestimmung der Gesamtkeimzahl auch der Nachweis fäkaler Verunreinigung und die Gefahrstoffdetektion. Ein weiteres Ziel am Fraunhofer IME war es die Analysegeschwindigkeit zu steigern,  insbesondere im Zusammenhang mit dem mobilen Analysegerät, um z.B. Rohwasserquellen schnellstmöglich auf Kontamination überprüfen zu können.

Projektsteckbrief

Projekttitel NANObeST: Nanosonden basierte Schnellanalytik von Trinkwasser in Krisensituationen 
Laufzeit

02/2020 – 07/2022

Förderung

Forschung für die zivile Sicherheit
Bekanntmachung: »Anwender - Innovativ: Forschung für die zivile Sicherheit II«

projektvolumen ca. 1,09 Mio. Euro
KOOPERationspartner
  • Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW), Bonn (Koordinator)
  • Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME, Aachen
  • Institut für Biologische Informationsprozesse (IBI-3), Forschungszentrum Jülich GmbH

Assoziierte Partner:

  • DITABIS Digital Biomedical Imaging Systems AG, Pforzheim 
  • Institut für Wasser- und Abwasseranalytik – IWA GmbH, Aachen
Projektleiter  Dr. Florian Schröper
ZIELE 
  • Etablierung eines mobilen Schnellanalysesystems zur Überwachung von mikrobiellen Verunreinigungen in Wasserproben

Einsatzszenarien

Das THW und andere Hilfsorganisationen müssen auf verschiedenste Einsatzszenarien vorbereitet sein. Im Bereich der Trinkwasserversorgung sind dies hauptsächlich das Erschließen und Aufbereiten von Rohwasserquellen, die Qualitätsüberwachung des aufbereiteten Wassers, die Gefahrenerkennung für die eigenen Hilfskräfte sowie das Verhindern der Ausbreitung von Krankheiten. Für die Entwicklung der Analysegeräte wurden für das THW und andere Hilfsorganisationen typische Einsatzszenarien als Grundlage verwendet:

1)      Mikrobielle Verunreinigung:

a) Zeitnahe Detektion und Quantifizierung mikrobieller Verunreinigung in Rohwasserquellen: In der frühen Phase von Einsätzen ist es wichtig, potentielle Rohwasserquellen insbesondere auf fäkale Verunreinigungen zu überprüfen. Dies reduziert zum einen die Gefahr für die Helfer und verhindert zum anderen, dass die komplexe Trinkwasseraufbereitungsanlage an einer ungünstigen Stelle aufgebaut wird. Gleiches gilt auch für die Rehabilitation (Reaktivierung) von Brunnen, insbesondere im Auslandseinsatz.

b) Qualitätsüberwachung von bereitgestelltem Trinkwasser: Muss im Katastrophenfall Trinkwasser, z.B. aus Trinkwasserblasen oder Tanklastern, an die Bevölkerung abgegeben werden oder wird Trinkwasser aufbereitet, so muss das Wasser einer ständigen Kontrolle unterzogen werden. Die Gesamtkeimzahl gibt hier Auskunft über eine mikrobielle Belastung der Probe und zeigt etwaige mangelnde Hygiene und eine Verkeimung des Trinkwasserspeichers an. Eine Wartezeit von eineinhalb bis zwei Tagen aufgrund der derzeitig verfügbaren Analysen ist hier nur schwer vertretbar.

2)      Gefahrenerkennung für Hilfskräfte:

In Großeinsatzlagen werden häufig leerstehende Gebäude zur Unterbringung von Einsatzkräften genutzt. Da die vorhandenen Trinkwasserinstallationen oftmals längere Zeit außer Betrieb waren, ist die Wahrscheinlichkeit einer Legionellen-Kontamination hoch. Um die untergebrachten Personen zu schützen, ist auch hier eine schnelle Analyse unverzichtbar. Konventionelle Verfahren benötigen dafür mindestens 7 Tage.

3)      Analyse von Toxinen und Verhinderung der Ausbreitung von Krankheiten:

Insbesondere im Auslandseinsatz muss vermehrt mit dem Auftreten des Cholera-Erregers und anderes Seuchenkeime gerechnet werden. Diese bilden spezifische bakterielle Toxine, wie beispielsweise das Choleratoxin. Die hygienischen Zustände vor Ort sind oft verheerend und eine Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie Cholera kann durch eine direkte Bestimmung dieser Toxine frühzeitig erkannt und unterbunden oder zumindest eingedämmt werden.

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Florian Schröper

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Dr. Florian Schröper

Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME
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