Gemischtgeschlechtliches Führungstandem am Fraunhofer IME als Erfolgsmodell

Angewandte Oekologie /

Umstrukturierungen bedeuten nicht immer nur schlechtes: Beim Fraunhofer IME wurde im Zuge dessen eine Führungsposition mit einem gemischtgeschlechtlichen Tandem besetzt. Hierzu äußerten sich Dr. Elke Eilebrecht und Matthias Teigeler, nun seit knapp drei Jahren gemeinsam Abteilungsleiter der Abteilung Ökotoxikologie des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in Schmallenberg, in einem Interview mit der Initiative »Chefsache«. »Chefsache« ist ein Netzwerk von Führungskräften aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlichem Sektor und Medien, das sich der Chancengerechtigkeit von Frauen und Männern persönlich verpflichtet fühlt. Anspruch und Ziel von »Chefsache« ist es, als Initiative mit Vorbildcharakter den notwendigen gesellschaftlichen Wandel mit neuen Konzepten und Ansätzen zu unterstützen.

Das folgende Interview entstammt der Textquelle Initiative »Chefsache« https://initiative-chefsache.de/fraunhofer-gemischtgeschlechtliches-fuehrungstandem/

Dr. Elke Eilebrecht und Matthias Teigeler sind seit knapp drei Jahren gemeinsam Abteilungsleiter der Abteilung Ökotoxikologie des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in Schmallenberg
© Fraunhofer IME | Bildquelle: Sebastian Eilebrecht

Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich die Führungsposition teilen?

Matthias Teigeler: Das gesamte IME ist momentan in einer Umstrukturierungsphase und die Abteilungsleitungsposition sollte neu besetzt werden. Es kam die Idee auf, die Leitung dieser großen Abteilung aufzuteilen – und zwar nach den Stärken der verantwortlichen Personen. Das ist ein sehr schönes Grundgerüst, welches sehr gut angelaufen ist.

Elke Eilebrecht: Als unser Institutsleiter diese mit Herr Teigeler ausgearbeitete Idee des Tandems an mich herangetragen hat, war mir klar – das ist für mich eine einmalige Chance.

Wie organisieren Sie die geteilte Führung in der Praxis?

Elke Eilebrecht: Wir teilen viele Aufgaben nach unseren Stärken auf. Auch die Beteiligung an Gremien bei uns im Haus haben wir uns aufgeteilt, sodass wir dort nicht als Doppelspitze auftreten.

Matthias Teigeler: Das war sehr wichtig. Denn im Haus gab es Stimmen, die Sorge hatten, dass wir ein Ungleichgewicht erzeugen, wenn wir beispielsweise beide im Abteilungsleitungsgremium sitzen. Deshalb nimmt nur eine Person teil. Wir sind aber beide gleich gut informiert und wenn einer nicht da ist, kann der andere ihn vertreten.

Wie machen Sie das ganz praktisch im Alltag: Sitzen Sie zusammen in einem Büro? Haben Sie feste Austauschtermine?

Elke Eilebrecht: Wir sitzen zusammen in einem Büro und reden direkt miteinander.

Matthias Teigeler: Feste Termine haben wir dann, wenn es darum geht die Führungsaufgaben auszufüllen. Wir haben deshalb regelmäßige Treffen mit den anderen Laborleitungen aus der Abteilung und den Labortechnikerinnen und -technikern, um das aktuelle Studienaufkommen zu besprechen.

Was bedeutet die geteilte Führung für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

Elke Eilebrecht: Gerade für die Laborleiterinnen und -leiter war es natürlich eine Umstellung, von einer zu zwei Führungspersonen. Das wurde aber nicht negativ aufgefasst. Ich sehe es eher so, dass die Mitarbeitenden nun zwei Ansprechpersonen haben, anstatt zwei Chefs. Trotzdem haben wir jeden  Mitarbeiter je einem von uns zugeordnet.

Wie reagieren Ihre Kunden oder Projektpartner?

Matthias Teigeler: In den klassischen Industriestudien, gibt es meist eine sehr klare Zuordnung, weil man eine Studienleitung benennt. Nichtsdestotrotz haben wir uns angewöhnt, dass der jeweils andere in den E-Mail-Verkehr mit eingebunden ist oder bei Bedarf an Telefonkonferenzen teilnimmt. So sind wir beide auf dem gleichen Stand und können einander vertreten. Je nach Studie wird tatsächlich erwartet, dass immer jemand da ist, der einem möglichst schnell Informationen geben kann. Für mich war es eine große Erleichterung, dass ich im Urlaub nicht mehr alle zwei Tage hier anrufen muss.

Welchen Ratschlag geben Sie anderen Tandems?

Matthias Teigeler: Man muss vorher gucken, dass es zusammenpasst. Das Zwischenmenschliche ist ein ganz wichtiger Faktor. Man muss sich klarmachen, dass man Arbeit abgibt und man muss sich eingestehen, dass auch der Andere Stärken hat, die man dann auch nutzen sollte. Wenn das funktioniert, überwiegen klar die Vorteile so eines Systems.

Elke Eilebrecht: Gute Kommunikation und Vertrauen untereinander sind sehr wichtig. Außerdem sollte klar sein, wer für was verantwortlich ist.

Während der COVID-Pandemie mussten Sie und Ihr gesamtes Team sich neuen Herausforderungen bei der Arbeitsorganisation stellen. Wie haben Sie Ihre Art der Zusammenarbeit und Abstimmung angepasst?

Elke Eilebrecht: Zunächst haben wir versucht, wo möglich, die Personen aus dem Home office arbeiten zu lassen. Dies war für unsere Laborleitungen gut realisierbar. Besprechungen werden nun virtuell abgehalten, was sehr gut funktioniert und was wir auch in Zukunft zum Teil so beibehalten wollen, da wir auch Mitarbeitende haben, die nicht in der Region wohnen und die wir so sehr gut zu unseren Besprechungen dazu schalten können.

Schwerer war es, die Arbeit vor Ort zu organisieren, die wir auch während der Pandemie aufrechterhalten mussten.

Matthias Teigeler: Auf Seite der technisch Mitarbeitenden wurden Sub-Teams geschaffen, die sich, wenn möglich, nicht in Büro- und Laborräumen begegnen. Das konnte im Rahmen der normalen Arbeitszeiten umgesetzt werden, ohne in einen echten Schichtbetrieb übergehen zu müssen. Wichtig ist, dass wir als Leitung weiterhin als Ansprechperson zur Verfügung stehen, um rasche Problemlösungen sicherzustellen. Auf Basis des Feedbacks, welches wir erhalten haben, erscheint das gut umgesetzt.