Zielgerichtete Biosynthese pharmazeutisch relevanter Triterpenoide

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Triterpenoide sind mit mehreren tausend bekannten Verbindungen eine der größten Gruppen von Sekundärmetaboliten im Pflanzenreich. Dabei handelt es sich um Naturstoffe, die von der Pflanze nicht für den primären Stoffwechsel während des Wachstums, sondern für spezielle Aufgaben wie die Abwehr von Schädlingen oder das Anlocken von Bestäubern gebildet werden. Aus sechs Isopreneinheiten entstehen während der Biosynthese über 100 verschiedene Triterpengerüste, die durch weitere Modifikationen zu dieser enormen Strukturvielfalt führen. Von besonderem Interesse sind die zyklischen Triterpenoide, die sehr vielfältige bioaktive Funktionen aufweisen. Ihr Potenzial umfasst antimikrobielle, antioxidative, antikarzinogene und antiallergische Wirkungen, was sie für landwirtschaftliche und pharmazeutische Anwendungen attraktiv macht.

Die Gewinnung der Triterpenoide aus den produzierenden Pflanzen ist mit großen Herausforderungen verbunden: Problematisch ist, dass diese Stoffe in Pflanzen oft nur in geringen Konzentrationen vorkommen. Zudem variieren Zusammensetzung und Menge in Abhängigkeit von Umweltbedingungen wie Licht, Temperatur, Schädlingsbefall oder Bodenbeschaffenheit. Darüber hinaus ist die Isolierung aus pflanzlicher Biomasse häufig mit einem hohen Energie- und Ressourcenverbrauch verbunden, was einer ökonomisch und ökologisch sinnvollen Nutzung entgegensteht. Die chemische Synthese aus petrochemischen Rohstoffen wiederum kämpft mit der enormen Komplexität der Naturprodukte. Zudem entstehen eine Vielzahl unerwünschter Nebenprodukte, die eine Isolierung erschweren. Alternative, nachhaltige Produktions- und Aufreinigungssysteme sind im Sinne der Bioökonomie gefragt.

Im Rahmenprogramm »Nationale Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030« hatte sich 2020 für das Projekt »ASPIRANT« ein Konsortium aus KMUs und Forschungseinrichtungen mit dem Ziel der gerichteten Biosynthese von pharmazeutisch relevanten Triterpenoiden in Hefen, zusammengeschlossen. Der Verbund, koordiniert durch das Fraunhofer IME, kombiniert Fachexpertise aus den Bereichen Chemie, Biologie, Verfahrenstechnik und Pharmazie und verfolgt systemorientiert die gesamte Wertschöpfungskette. Im Fokus stehen dabei unter anderem die Produktion und pharmazeutische Evaluation neuer Substanzen.

Bereits im Projekt »Aspirant« setzte der Forschungsverbund auf die vielversprechende Herstellungsvariante durch Hefezellen im Bioreaktor. Ziel war die gerichtete Biosynthese pharmazeutisch relevanter Terpenoide in Hefen. Auf eine wissensbasierte Auswahl geeigneter Triterpenoide aus Pflanzen folgte die Identifizierung der für die Biosynthese notwendigen Enzyme und deren Einführung in Hefen. Die Enzyme Oxidosqualenzyklasen (OSCs) bilden aus dem in Hefen natürlich vorkommenden Substrat 2,3-Oxidosqualen das gewünschte Triterpenoid. Weitere enzymatische Modifikationen wie Oxidationen oder der Einbau von Zuckerresten verändern dessen chemische Eigenschaften und Bioaktivität. Hierfür wird ein Hefestamm mit einem am Fraunhofer IME in Münster optimiertem Biosyntheseweg genutzt.

Durch den Einsatz dieser Hefeplattform konnte die Produktivität gesteigert und der Stoffwechselfluss auf das gewünschte Triterpenoid umgelenkt werden. Der Erfolg zeigte sich in einer drastisch erhöhten Ausbeute. Zudem weisen die aufgereinigten Triterpenoide eine hohe Reinheit von über 98 Prozent und eine konstante Qualität auf. In vitro zeigten die Substanzen positive Effekte auf Entzündungsparameter: Beispielsweise in pharmazeutisch relevanten Testsystemen menschlicher Zellen entzündungshemmende Aktivität, aber auch neuartige Wirkungen.

Das Team des Forschungsverbunds setzte sich 2023 aufbauend auf diesen Erfolgen auch in der zweiten Phase der Initiative »Maßgeschneiderte biobasierte Inhaltsstoffe für eine wettbewerbsfähige Bioökonomie« durch. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert über einen Zeitraum von drei Jahren das Folgeprojekt »Perspective«. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM), des Fraunhofer IME sowie der KMUs VivaCell Biotechnology GmbH und Phytowelt GreenTechnologies GmbH bündeln für »Perspective« erneut ihre Kompetenzen, um gemeinsam die Schritte der Wertschöpfungskette weiter auszubauen und Triterpenoide als Grundlage von innovativen pharmazeutischen Produkten verwenden zu können.

Ausgewählte Publikationen

Combinatorial metabolic engineering in S. cerevisiae for the enhanced production of the FPP-derived sesquiterpene.. DOI
Upregulating the MEV pathway and repressing sterol synthesis in S. cerevisiae enhances the production of triterpenes DOI

 

Patentanmeldung


Schulze Gronover C, Gerrit L, Mu
̈ller B, van Deenen N, Bröker JN (2019)
Method for increasing the yield of oxidosqualene, triterpenes and/or triterpenoids and host cell therefore
WO2019197327A1.

 

Analytik

 

ATR-Infrarot-Spektroskopie

Thermale Feldflussfraktionierung

GC- und HPLC-MS

 

Technologieportfio

 

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