Schad- und Vektor- Insektenkontrolle

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© Fraunhofer IME | Eileen Knorr

Forschungsmotivation

Insektenschädlinge sind für bis zu 30% des weltweiten Ernteverlusts verantwortlich, mit einem geschätzten wirtschaftlichen Schaden von mehr als 500 Mrd. EUR pro Jahr. Diese Bedrohung wird voraussichtlich mit dem Klimawandel, den zunehmenden Reiseaktivitäten und dem globalisierten Handel als Schlüsselfaktoren für die Verbreitung invasiver Schädlinge zunehmen. Pflanzenschutz ist ein Wettrüsten, da Insektenschädlinge schnell gegen Insektizide resistent werden. Darüber hinaus verringert die fortgesetzte behördliche Beschränkung der auf dem Markt verfügbaren Verbindungen die Möglichkeiten der Erzeuger, um durch Insekten verursachte Ernteschäden zu verhindern. Unsere Mission ist es, neue und umweltfreundliche Strategien für den Pflanzenschutz zu entwickeln.

 

Forschungs- und Dienstleistungsangebot

Wir bieten Auftragsforschung und strategische Kooperationen an, um den dringenden Bedarf an alternativen und maßgeschneiderten Instrumenten im Pflanzenschutz zu decken. Nachfolgend finden Sie eine nicht vollständige Liste der von uns angebotenen Lösungen.

Hochdurchsatz-Screening:
Das Fraunhofer IME-BR hat verschiedene Hochdurchsatz-Insekten-Screeningsysteme zur Identifizierung neuer Verbindungen und Genziele mit biologischen Aktivitäten eingerichtet. Insekten können mit geringem Aufwand in großer Zahl aufgezogen werden. Sie weisen im Allgemeinen kurze Generationszyklen auf, die große und kostengünstige Untersuchungen ermöglichen. In unserem Portfolio bieten wir Screening in verschiedenen Insektenmodellsystemen wie dem Käfer Tribolium castaneum oder der Blattlaus Acyrthosiphon pisum an, um aktive Kandidaten zu erhalten. Diese Kandidaten werden anschließend in der entsprechenden Insektenschädlingsart validiert. Wir verwenden auch schwere landwirtschaftliche Schädlinge wie die Blattlaus Myzus persicae, die Motte Spodoptera frugiperda, die Fliege Drosophila suzukii oder den Käfer Diabrotica virgifera virgifera. Die Prüfung der Bioaktivität von Naturstoffproben erfolgt durch Überwachung verschiedener lebensgeschichtlicher Parameter wie Mortalität, Bewegungsaktivität, Wachstumshemmung, Fruchtbarkeit oder Fruchtbarkeit. Wir sind auch in der Lage, mögliche Auswirkungen auf Nützlinge wie Bestäuber wie die westliche Honigbiene Apis mellifera zu analysieren.

Sammlung mikrobieller Stämme:
Das Fraunhofer IME-BR beherbergt und kuratiert eine Stammsammlungsbibliothek, die aus Insektenpathogenen wie Bakterien, Pilzen und Viren besteht. Das Fraunhofer IME-BR verfügt über eine umfangreiche Laborinfrastruktur und modernste Technologie zur Erweiterung der Sammlung. Neuartige Kandidaten für insektenassoziierte Mikroben werden isoliert, identifiziert und weiter auf ihre insektiziden Eigenschaften getestet. Die Stammsammlung ist eine interne Quelle für die Erstellung und Standardisierung von Kulturbedingungen, Extraktbibliotheken, Analyse und Dereplikation, „Omics“ -Ansätzen, die Entwicklung von Down- und Upstream-Prozessen und wird schließlich strengen Bioassay-Tests unterzogen. Die wissensbasierte Analyse der Ergebnisse vervollständigt das Profil des Fraunhofer IME-BR.

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Schematische Darstellung eines Liposompartikels, der dsRNA durch eine Doppellipidschicht umschließt.
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Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer liposombasierten RNA-Pflanzenschutzformulierung (eingetrocknet auf Siliziumoberfläche).

RNAi - ein neuartiger Ansatz:
RNAi ist ein natürlicher Mechanismus in eukaryotischen Zellen, der durch doppelsträngige RNA (dsRNA) ausgelöst wird und als spezifische und sichere Alternative zur Schädlingsbekämpfung angesehen wird. Dieser posttranskriptionelle Gen-Silencing-Mechanismus stört die Expression essentieller Gene auf sequenzspezifische Weise. Derzeit werden innovative Anwendungsmethoden für verschiedene Schädlingsziele entwickelt. Das Fraunhofer IME am Standort Gießen verfügt über das Know-how, um RNAi im Pflanzenschutz zu entwickeln, was durch mehrere wichtige Veröffentlichungen, Patente und fruchtbare Kooperationen mit führenden Unternehmen aus dem Agrarbereich belegt wird.
 

RNAi Formulierungen:

Die Entwicklung innovativer Formulierung ist maßgebend für einen agrarindustriellen Einsatz RNA-basierter Pflanzenschutztechnik

RNA, als Baustein allen Lebens, wird ungeschützt in der Umwelt innerhalb weniger Tage rückstandslos und unschädlich abbaugebaut. Diesen Vorteil gegenüber zahlreichen konventionellen Pestiziden gilt es zu nutzen, um die Anreichung gefährlicher Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in der Umwelt zu verringern.

Die Entwicklung geeigneter Formulierungen für aktive RNA Wirkstoffe hat primär zwei Ziele, zum einen sollen sie die Wirkstoffmoleküle zunächst kurzfristig gegen äußere Einflüsse auf Pflanzenoberflächen, zum anderen während der Nahrungsaufnahme und im Verdauungstrakt des Zielschädlings schützen. An vorhergesehener Stelle im Zielorganismus muss die Formulierung eine zelluläre Wirkstoffaufnahme und -freisetzung ermöglichen, damit sich dort die Wirksamkeit der RNA Moleküle entfalten kann. Derzeitige Entwicklungsansätze basieren auf verschiedenen Mikro- und Nanopartikeln, deren Wirkstoffverkapselung u.a. durch ionische Wechselwirkungen von kationisch-geladenen Substanzen und anionisch-geladener RNA beruhen. Das Design der Formulierung sieht vor, den biologischen Abbau aller Komponenten nach wenigen Wochen bis Monaten zu ermöglichen.

Durch die Entwicklung von Lösungsansätze für diese Herausforderungen streben wir an, Pflanzenschutzmitteln auf RNA-Basis in neue Produkte zu überführen, die in umfangreichen Studien an sowohl Ziel- als auch Nicht-Zielorganismen in Labor- und Feldversuchen getestet wurden.

Formulierungen von Insektenpheromonen:

Semiochemikalien, einschließlich Pheromone, spielen eine entscheidende Rolle in den intra- und interspezifischen Kommunikationsstrukturen von Insekten zwecks Orientierung, Nahrungsaufnahme, Verteidigung und Paarung. Im Pflanzenschutz kommen Pheromone durch die sog. Verwirrmethode zum Einsatz d. h. männliche Insekten werden durch ausgebrachte Pheromone bei der Suche nach Weibchen gestört, wodurch die Population herunter reguliert wird. Erfolgreiche Pflanzenschutzsysteme auf Pheromonbasis müssen über die Zeit eine ausreichende Konzentration des aktiven Pheromons bei einer geeigneten räumlichen Verteilung im Feld gewährleisten. Obwohl Spuren von Semiochemikalien schon ausreichen, um artabhängige Verhaltensreaktionen zu beeinflussen, scheitert die Paarungsstörung unter Feldbedingungen oft aus noch unklaren Gründen.

Wir entwerfen und testen neuartige pheromonfreisetzende Formulierungen und Materialien für ihre Anwendung in der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft. Mit unseren Ansätzen zielen wir darauf ab, die Pheromonfreisetzung unter Labor- und Feldbedingungen zu verbessern sowie die Effizienz der Paarungsstörung und den biologischen Abbau der verwendeten Trägerstoffe zu überwachen.