Neue Biomoleküle im Gift der Wespenspinne identifiziert

Bioressourcen /

Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME und der Justus-Liebig-Universität Gießen haben das Gift der Wespenspinne entschlüsselt und darin eine Bandbreite an neuartigen Biomolekülen identifiziert. Ihre Ergebnisse veröffentlichte das Team jetzt in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift »Biomolecules«.

© Fraunhofer IME | Tim Lüddecke

Mit beinahe 50.000 beschrieben Arten, von denen nahezu alle giftig sind, stellen Spinnen die erfolgreichste Gruppe giftiger Tiere dar. Ihre Gifte sind üblicherweise hochkomplex und können mehrere tausend Komponenten enthalten, von denen einige vielversprechende Kandidaten für die translationale Anwendung in Biomedizin und Landwirtschaft darstellen. Trotz dessen sind die Gifte der überwiegenden Mehrzahl an Spinnen bisher von wissenschaftlicher Seite aus vernachlässigt worden und von den vermutlich 10 Millionen Molekülen die sich weltweit aus Spinnengiften isolieren lassen, sind bisher lediglich 0,02 Prozent bekannt. Insbesondere über die Gifte der meist kleinbleibenden und harmlosen Spinnenfamilien Mitteleuropas weiß man nur sehr wenig, da sich die Forschung bisher auf große und gefährliche Arten aus den Tropen konzentrierte.

 

Neuropeptidartige Toxine entdeckt


Eine wichtige Wissensexpansion zu den Giften dieser vernachlässigten Spinnen haben jetzt Gießener Wissenschaftler aus dem Institutsteil Bioressourcen des Fraunhofer IME in Kooperation mit der Justus-Liebig-Universität Gießen herbeigeführt. In einer durch das » LOEWE Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik« geförderten Studie wurde zum ersten Mal das Gift der invasiven Wespenspinne (Argiope bruennichi) in seine Komponenten aufgeschlüsselt. Dabei stießen die Wissenschaftler auf Erstaunliches: Im Gegensatz zu den meisten bekannten Spinnengiften ist das Gift der Wespenspinne zum Großteil aus hochmolekularen Proteinbestandteilen aufgebaut und beinhaltet nur relativ wenige verschiedene Molekülklassen. Des Weiteren enthält das Wespenspinnengift mehrere Bestandteile, die strukturelle Ähnlichkeit mit Neuropeptiden aus Insekten haben. Diese fungieren vermutlich als Neurotoxine und könnten beim Beutefang der Wespenspinne eine Rolle spielen. Sie stellen eine Besonderheit dar, da viele dieser Neuropeptid-ähnlichen Toxine noch nie zuvor beschrieben worden sind. Die Ar-beit zum Gift der Wespenspinne zeigt, dass die Gifte heimischer Spinnen sehr wahrscheinlich eine Vielfalt an neuartigen Biomolekülen enthalten und dass die Erforschung dieser ein großes Potenzial für Suche nach innovativen Therapeutika, industriell nutzbaren Enzymen und Insektiziden birgt.

 

Über das Fraunhofer IME


Das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME mit über 530 Mitarbeitern an den sechs Standorten Schmallenberg, Aachen, Gießen, Münster, Frankfurt/Main und Hamburg führt Forschungen im Bereich der angewandten Life Sciences durch, von der molekularen Ebene bis hin zu vollständigen Ökosystemen in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Chemie, Landwirtschaft sowie Umwelt-und Verbraucherschutz. Unsere Aufgabe ist die Entwicklung und Anwendung neuartiger Technologien zur Diagnose und Therapie menschlicher und tierischer Krankheiten sowie zum Schutz von Kulturpflanzen und Nahrungsquellen.

 

Lüddecke T, von Reumont BM, Förster F, Billion A, Timm T, Lochnit G, Vilcinskas A, Lemke S. An Economic Dilemma Between Molecular Weapon Systems May Explain an
Arachno-atypical Venom in Wasp Spiders (Argiope bruennichi). Biomolecules, 2020, 10(7), 978.

 

 

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:


Tim Lüddecke (Fraunhofer IME-BR, Gießen, Deutschland, tim.lueddecke@ime.fraunhofer.de)


Sarah Lemke (Justus-Liebig-Universität Gießen, Deutschland, sarah.lemke@agrar.unigiessen.de)


Link zum Paper: https://www.mdpi.com/2218-273X/10/7/978