Bakterien im Einsatz für diätetische Lebensmittel

© Fraunhofer IME | Stefan Rasche
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Phenylketonurie (PKU) gehört in Deutschland zu den am häufigsten auftretenden angeborenen Stoffwechselerkrankungen. Die Krankheit führt dazu, dass Betroffene die Aminosäure Phenylalanin, auf Grund eines fehlenden oder vermindert aktiven Enzyms, nicht oder nur sehr eingeschränkt abbauen können. So reichert sich Phenylalanin in hohen Konzentration m Körper an. Dies wirkt sich jedoch neurotoxisch aus und kann zu irreversiblen Hirnschädigungen führen. Die für den Menschen essentielle Aminosäure Phenylalanin ist in nahezu allen tierischen und eiweißhaltigen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Betroffene müssen sich daher lebenslang an eine eiweißarme Diät, gekennzeichnet durchnatürliche Lebensmittel mit geringem Eiweißgehalt wie Obst und Gemüse, halten. Zusätzlich verwenden sie Ersatzprodukte in Form von Phenylalanin-freien Aminosäuremischungen, die ihnen die notwendigen essentiellen Aminosäuren zuführen, die sie nicht selbst herstellen und auch nicht über die Ernährung in ausreichendem Maße aufnehmen können. Diese Aminosäuremischungen werden normalerweise synthetisch hergestellt und weisen einige Nachteile auf, wie zum Beispiel eine eingeschränkte Löslichkeit. Desweitern lassen oft die sogenannten organoleptischen Eigenschaften wie Geschmack, Aussehen, Geruch, Farbe noch Spielraum für Verbesserungen. Forschung und Industrie sind daher ständig auf der Suche nach neuen Diätansätzen für PKU­Patienten, die einen verbesserten Geschmack und vielfältigere Einsatzmöglichkeiten in der Nahrungszubereitung versprechen.

Das Fraunhofer IME befasst sich daher mit der Forschung an Phenylalanin-armen oder -freien Proteinen, um Nachteile der synthetischen Herstellung zu kompensieren. Statt eines Aminosäuregemischs sollte ein Protein in der Natur gefunden werden, das den Ansprüchen für eine Phenylalanin-freie Ernährung bestmöglich entspricht. Das Wunschprotein soll ein ausgewogenes Aminosäureprofil besitzen, mit der eine hohe biologischen Wertigkeit (> 100) erzielt werden kann, da solche Proteine besonders gut in körpereigene Proteine umgesetzt werden. Weiterhin ist ein geringes allergenes Potenzial ein wichtiges Kriterium. Mit Blick auf eine optimale Produktion des Wunschproteins in Bakterien sollte das Protein relativ klein sein (< 50 Kilodalton). Mithilfe eines Algorithmus, der diese Anforderungen berücksichtigt, wurden in der Proteindatenbank UniProt (www.uniprot.org) über 830.000 Proteine aus tierischen, pflanzlichen und mikrobiellen Organismen analysiert, die bereits für die menschliche Ernährung verwendet bzw. mithilfe derer entsprechende Produkte hergestellt werden (z. B. Milchsäure-Bakterien für die Joghurt-Herstellung). Gemeinsam mit der Firma metaX identifizierten die Wissenschaftler ein Protein aus dem Heubakterium Bacillus subtilis als bestens geeignet. Allerdings enthielt dies noch ein Phenylalanin und die essentielle Aminosäure Tryptophan fehlte. Mithilfe molekularbiologischer Methoden gelang den Wissenschaftlern der Austausch von Phenylalanin gegen Tryptophan.

In der Produktion von Proteinen für die Nahrungsmittelindustrie kommen mikrobielle Zellfabriken wie Hefen oder Bakterien zum Einsatz. In diesem Projekt setzten die Forschenden auf das Bakterium Pseudomonas fluorescens. Dieses kann Proteine besonders effizient herstellen, Proteinausbeuten im zweistelligen Grammmengen pro Liter Kulturmedium sind möglich. Zur Produktion des Phe-freien-Proteins brachten die Wissenschaftler das entsprechende Gen in das Bakterium ein. Initiale Kultivierungen des gentechnisch veränderten Bakteriums in Schüttelkolben (2,5 Liter mit 0,5 bis 1 Liter Kulturvolumen) führten bereits zu Ausbeuten von 2,5 Gramm pro Liter. Die Kultivierung in Bioreaktoren (5 bis 350 Liter Arbeitsvolumen) steigerte die Produktivität auf durchschnittlich 20 Gramm pro Liter. Innerhalb weniger Monate konnten so 3,5 Kilogramm des Proteins produziert werden. Die Reinigung erfolgte mit hoher Ausbeute über Affinitätschromatographie. Anschließend wurden überschüssige Salze durch Filtration entfernt und das Protein mittels Gefrier- und/oder Sprühtrocknung getrocknet.

Das Protein hat einen fast neutralen Geschmack und weist eine gute Löslichkeit auf, wodurch es sich für die Zubereitung diätetischer Lebensmittel gut eignet. Erste Versuche bei Mäusen mit dem Krankheitsbild PKU zeigen, dass das so hergestellte Protein zu einer Normalisierung der Phenylalanin-Werte im Blut der Tiere führt. Nun sind weitere Untersuchungen nötig, um es Menschen mit Phenylketonurie zugänglich zu machen.