Humanes zellfreies System für den gezielten Proteinabbau

Forschungsprojekt HUSAR

Motivation und Problemstellung

Krankheiten wie Krebs, Diabetes oder bestimmte Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden durch eine Kombination von genetischen, umwelt- und verhaltensbedingten Faktoren verursacht. In der Regel spielen körpereigene Proteine eine wichtige Rolle bei der Entstehung und der klinischen Ausprägung dieser Krankheiten und sind daher potenzielle Ziele für die medikamentöse Behandlung. Viele herkömmliche Wirkstoffe fungieren als Inhibitoren, die an die Zielproteine binden und katalytische Aktivitäten oder molekulare Interaktionen behindern. Eine relativ neue Strategie ist der Abbau von Zielproteinen durch das zelleigene Ubiquitin-Proteasom-System (UPS). Dazu muss der E3-Ligase-Komplex, welcher im Rahmen des regulären Zellstoffwechsels für die spezifische Markierung von Proteinen mit Ubiquitin zuständig ist, zur Modifikation von Proteinen „gezwungen“ werden, die er normalerweise nicht als Substrat erkennt. Dies lässt sich entweder mit bifunktionalen Molekülen (PROteolysis Targeting Chimeras, PROTACs) oder mit molekularen Klebstoffen erreichen. PROTACs enthalten einen Liganden für die E3-Ligase, der über einen Linker mit einem Liganden für das Zielprotein verbunden ist. Im Gegensatz dazu induzieren molekulare Klebstoffe Konformationsänderungen der E3-Ligase oder des Zielproteins, so dass es zur ternären Komplexbildung und Ubiquitinierung des Zielproteins und schließlich zu seinem Abbau kommt. Auf diese Weise können Krankheits-assoziierte Proteine adressiert werden, für die bislang keine Wirkstoffe entwickelt werden konnten. Bei der anspruchsvollen Entwicklung solcher Moleküle gibt es derzeit jedoch einen Engpass beim Screening. Während, auch mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI), immer größere Kandidatenbibliotheken abgeleitet werden können, gibt es auf der Seite von schnellen, flexiblen und kostengünstigen Screening-Systemen erheblichen Nachholbedarf.

 

Projektziel und Lösungsansatz

Das Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines neuartigen humanen zellfreien in vitro Transkriptions-Translations (IVTT)-Systems mit aktivem UPS für das Hochdurchsatz-Screening nach neuen Verbindungen zum gezielten Proteinabbau und dessen Validierung bezüglich Zeit, Kosten und Abbaueffizienz anhand kommerzieller PROTACs und molekularer Klebstoffe. Zellfreie Systeme bieten dabei erhebliche Vorteile im Vergleich zu lebenden Zellkulturen: keine Sterilkultur notwendig, keine Zelllinienentwicklung erforderlich, Ready-to-Use-System, kürzere Design-Build-Test-Zyklen, offenes System erlaubt präzise Einstellung der Reaktionsbedingungen, keine Klonierung erforderlich, kein Verlust nicht membrangängiger Verbindungen im Screening-Prozess und niedrigere Kosten. Aufgrund dieser Eigenschaften ergeben sich für forschende Unternehmen im Pharmabereich ganz neue Möglichkeiten schnell und zielgerichtet neue Kandidatenmoleküle für die Behandlung von Krankheiten zu identifizieren, für die es derzeit noch keine Wirkstoffe gibt.

Aufgrund der Marktsituation wird Forschung im Bereich seltener Krankheiten in vielen Fällen von KMUs vorangetrieben, die daher in besonderem Maße von dem neuartigen humanen zellfreien IVTT-System profitieren werden.

Projektsteckbrief

Projekttitel HUSAR: Humanes zellfreies System zum Hochdurchsatz-Screening nach neuen Verbindungen zum gezielten Proteinabbau für die Behandlung schwer adressierbarer Krankheiten
Laufzeit 12/2024 - 12/2026
Förderung

Förderprogramm "SME" der Fraunhofer-Gesellschaft

Projektleiter Dr. Matthias Buntru
ZIELE 
  • Entwicklung eines humanen zellfreien IVTT-Systems mit aktivem UPS
  • Bestätigung der Funktionalität anhand des Abbaus verschiedener Zielproteine
  • Schaffung der Voraussetzungen für die Etablierung eines Hochdurchsatz-Screening

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Matthias Buntru

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Dr. Matthias Buntru

Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME
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