Insekten als Ressource für Medizin, Pflanzenschutz und Industrie
Unter der hessischen Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) entsteht in Gießen ein neues Zentrum für Insektenbiotechnologie.
Global betrachtet, gelten Insekten mit über einer Million bekannter Arten als die erfolgreichste Organismengruppe. Ihre biologische Vielfalt spiegelt sich nicht nur im Artenreichtum sondern auch auf Molekülebene wider. Deren breites Spektrum sichert den Tieren die Nahrungsaufnahme, schützt sie vor Krankheiten und Parasiten – und birgt ein noch kaum erschlossenes Potenzial für Wissenschaft und Forschung.
Um dieses Potenzial zu heben, fördert das Land Hessen bis 2019 ein LOEWE-Zentrum für Insektenbiotechnologie in Gießen mit 36 Millionen Euro. Dieses Zentrum bündelt die Kompetenzen des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME, der Justus-Liebig-Universität (JLU) und der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM). Zusätzlich stellen das Land Hessen und der Bund insgesamt 30 Millionen Euro für den Neubau eines Forschungsgebäudes zur Verfügung.
Die Insektenbiotechnologie nutzt Insekten bzw. ihre Organe, Zellen und Moleküle um neue Wirkstoffe für therapeutische oder diagnostische Zwecke zu gewinnen. Für die Wissenschaftler bieten die vielseitigen Organismen einen reichhaltigen Fundus, in dem sie gezielt neue Wirkstoffe entdecken und für vielfältige Einsatzzwecke modifizieren können. Die Disziplin eröffnet für Human- und Tiermedizin sowie für den Agrar- und Ernährungssektor vielversprechende Möglichkeiten: So sollen etwa neue Enzyme und Aromastoffe aus Insekten in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden. Zudem entwickeln die Forscher in Gießen Methoden für die umweltschonende Bekämpfung von Insektenarten, die große wirtschaftliche Schäden in der Landwirtschaft verursachen oder Krankheiten wie Malaria und Dengue übertragen.
Prof. Dr. Rainer Fischer, Leiter des Fraunhofer IME in Aachen, sieht die Entwicklungen in Gießen auf einem exzellenten Weg, um das Potenzial der Insektenbiotechnologie systematisch zu erschließen und wirtschaftlich zu nutzen: »Wir am Fraunhofer IME sehen in dem neuen LOEWE-Zentrum eine ideale Ergänzung unserer Forschungsaktivitäten an der Schnittstelle der Molekularbiologie und angewandten Ökologie. Dieses innovative Forschungsgebiet stößt auf außerordentliches Interesse bei unseren Industriepartnern, mit denen wir im LOEWE-Zentrum Insektenbiotechnologie gemeinsam neue Lösungen erarbeiten.«
Mit dem Gießener LOEWE-Zentrum für Insektenbiotechnologie soll die bereits erfolgreich etablierte Fraunhofer-Projektgruppe Bioressourcen ausgebaut und in eine dauerhafte Fraunhofer-Einheit überführt werden. Eine Einrichtung, mit der JLU und THM weiterhin eng kooperieren – mit deutlich erweitertem Forschungs- und Dienstleistungsangebot: Aus diesem Grund werden im LOEWE-Zentrum weitere Geschäftsfelder wie die Naturstoff- oder Biodiversitätsforschung aufgebaut, die mit dem Forschungsgebiet Insektenbiotechnologie eng verbunden sind.