Motivation/Einleitung
Die steigende Nachfrage nach neuen therapeutischen Proteinen, technischen Enzymen, Protein-Engineering und funktionaler Genomik erfordert eine effiziente Plattform für die Produktion und das Screening von Proteinen. High-Throughput-Screening (HTS) von Proteinen gewinnt in der pharmazeutischen, chemischen und biotechnologischen Industrie daher immer mehr an Bedeutung. So werden in biotechnologischen Unternehmen große Anstrengungen unternommen, um für spezifische Anwendungen optimierte Enzyme (z.B. Waschmittelindustrie, lebensmittelverarbeitende Industrie und im Bereich erneuerbare Energien) durch Mutanten-Screening zu ermitteln. Auch in der pharmazeutischen Industrie wird auf der Suche nach neuen Leitstrukturen, wie z.B. antimikrobiellen Komponenten, verstärkt auf HTS-Ansätze gesetzt. Neben in vivo Methoden wie Phagen- und Hefe-Display finden in vitro Methoden wie die zellfreie Proteinsynthese hierfür zunehmend Verwendung. Im Vergleich zur zellbasierten Expression bietet die zellfreie Proteinsynthese zahlreiche Vorteile wie eine kürzere Prozessierung sowie die Expression zytotoxischer Proteine, welche in lebenden Zellen nicht produziert werden können.
Ziele und Vorgehen
Im Rahmen des vom BMBF und der Fraunhofer-Gesellschaft geförderten Projektes „Zellfreie Bioproduktion“ (FKZ 080/ZV-821969) konnte am Fraunhofer IME ein zellfreies System basierend auf einem Lysat aus Tabaksuspensionszellen (BYL) etabliert werden, welches den kommerziell verfügbaren Systemen hinsichtlich Flexibilität, Ausbeute und Kosten deutlich überlegen ist. Im „HTS-Scan“-Projekt sollen nun die technischen Herausforderungen für die Realisierung und Automatisierung eines neuartigen HTS-Ansatzes unter Verwendung des BYL-Systems realisiert werden, um das Screening nach neuen Proteinkandidaten zu beschleunigen.
Der Zusammenhalt von genetischer Information und gebildetem Protein soll dabei durch die Verwendung einer Kapillarplatte und dem Einsatz von Low Melt Agarose (LMA) im in vitro Transkriptions-Translations (IVTT)-Ansatz gewährleistet werden, welcher in dünnen Schichten auf der Kapillarplatte aufgebracht wird. Im ersten Schritt werden verschiedene DNA-Templates bzw. Mutanten in den einzelnen Kanälen einer Kapillarplatte durch isothermale Amplifikation vervielfältigt. Im zweiten Schritt dienen diese im IVTT-System als Matrize für die Biosynthese der Proteine. Das nachfolgende Auslesen und die Isolierung positiver Proteinkandidaten mittels Fluoreszenz, Lumineszenz oder Absorption sollen über ein Scan- und Lasermikrodissektionssystem (LMD-System) erfolgen. Dies führt zur Vereinigung der zellfreien Proteinsynthese und des LMD-Systems zu einer neuen und flexiblen HTS-Plattform mit dem Ziel der anschließenden kommerziellen Anwenderentwicklung.