


Die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit ist sich einig - der Klimawandel ist menschengemacht. Durch die Nutzung fossiler Ressourcen werden große Mengen CO2 freigesetzt. Die Folge: Die fossilen Ressourcen schwinden und die CO2-Konzentration in der Luft steigt kontinuierlich an wodurch sich der Klimawandel mit all seinen negativen Auswirkungen beschleunigt. Doch was kann man nun tun, wenn die Gesellschaft nicht ganz auf die Dinge des Alltags und das Reisen verzichten möchte? Eine Möglichkeit ist die Nutzung nachhaltiger Herstellungsprozesse. Bakterien besitzen Herstellungswege für eine Vielzahl chemischer Substanzen. So können Bakterien der Gattung Clostridium u.a. Lösungsmittel wie Aceton, aber auch Säuren wie Essigsäure und eine Reihe von Alkoholen wie Ethanol, Butanol und Hexanol herstellen. Als Rohstoff für die Anzucht der Bakterien in großem Maßstab der sogenannten Fermentation dient klassischerweise aus Pflanzen gewonnener Zucker. Um Konkurrenz mit Nahrungsmittelherstellung zu vermeiden ist eine andere Rohstoffquelle nötig. Diese muss jedoch in großen Mengen verfügbar sein und darf nicht viel kosten, um die Prozesse weiterhin ökonomisch sinnvoll betreiben zu können. Eine Lösung für beide Probleme könnte die Verwertung von Abgasen, beispielsweise aus der Stahlindustrie sein, da einige Clostridien diese teilweise giftigen und klimaschädlichen Gase als Rohstoffe für die Herstellung der genannten Produkte verwenden können.
In der Abteilung Industrielle Biotechnologie am Fraunhofer IME in Aachen nutzen die Forscherinnen und Forscher diese Bakterien um das Klimagas CO2 zu recyclen. Durch biotechnologische Methoden lässt sich das natürliche Produktspektrum der Bakterien so erweitern, dass sie aus den Abgasen viele nützliche Chemikalien herstellen können. Die durch Fermentation gewonnen Basischemikalien müssen anschließend extrahiert werden und können dann weiter verarbeitet werden. Aceton kann beispielsweise für die Herstellung von Plexiglas genutzt werden, Isopren für Gummi und Ethanol, Butanol und Hexanol für die Herstellung von Treib- oder Kunststoffen.
Im Hinblick auf den Klimaschutz ist besonders das Recyceln von Abgasen für die Gewinnung von Treibstoffen sehr vielversprechend. Der Einsatz fossiler Rohstoffe lässt sich so verringern und die Nutzung von CO2 führt zu einer neutralen CO2-Bilanz des gewonnenen Treibstoffes, welcher z.B. für Flugzeuge als drop-in-fuel genutzt werden kann. Da der Rohstoff Industrieabgas bisher in großen Mengen und kostengünstig zur Verfügung steht, liegt in seiner Wiederverwertung nicht nur ökologisch sondern auch ökonomisch großes Potenzial. Zur endgültigen Marktreife ist jedoch noch weitere Forschung nötig. Stefan Jennewein, Leiter der Abteilung Industrielle Biotechnologie schätzt: »Um das in einem industriellen Verfahren zu machen, müssen wir ganz andere Effizienz erzielen und auch in größeren Dimensionen vorangehen. Dies setzt noch einiges an Arbeit voraus. Von einer Pilotanlage im industriellen Maßstab denke ich, da sind wir noch irgendwo zehn Jahre entfernt. « Dass sich die Forschenden auf einem erfolgsversprechenden Weg befinden, zeigt sich in der Projektförderung großer Institutionen: So unterstützt die EU im europäischen Forschungsrahmenprogramm HORIZONT 2020 das Projekt BIOCON-CO2 unter anderem mit dem Ziel der Verwertung von CO2 zu Isopropanol, Butanol und Hexanol. Im BMBF geförderten und vom CLIB koordinierten Projekt BioCOnversion steht Kohlenmonoxid (CO) aus den Stahlwerksabgasen zur Produktion einer Plastikvorstufe im Fokus.