Ein duales Aquakultursystem zur Fisch- und Pflanzenproduktion
Molekulare Biotechnologie
Molekulare Biotechnologie
Die Überfischung führt zu einem drastischen Rückgang der Fischbestände und gefährdet die Artenvielfalt in den Meeren. Der Verlust von Schlüsselarten kann Ökosysteme destabilisieren und die Nahrungsnetze stören. Insbesondere Fischereibetriebe erleiden durch überfischte Gewässer einen erheblichen Ertragsverlust und sehen ihre wirtschaftliche Existenz bedroht. Nicht zuletzt gefährdet ein Mangel an frischem Fisch auch die Ernährungssicherheit.
Immer mehr Fische werden kontrolliert in Offshore-Aquakulturen – d.h. in speziell errichteten Anzuchtkäfigen »vor der Küste« – gezüchtet. Solche Aquakulturen können jedoch benachbarte marine Ökosysteme erheblich stören und sogar Lebensräume zerstören. Darüber hinaus kann die Migration nichtheimischer Fischarten zu einer Bedrohung einheimischer Arten führen, während Abwässer und Futterreste aus Aquakulturen die Gewässer verschmutzen und die Wasserqualität beeinträchtigen können. Zusätzlich sorgen Offshore-Aquakulturen für höhere Transportkosten und CO2-Emissionen, da die Produkte häufig weit transportiert werden müssen.
Das Projekt FishPlant zielt darauf ab, diesen Problemen durch die Entwicklung von geschlossenen, rezirkulierenden Onshore-Aquakultursystemen (RAS) entgegen zu wirken. Diese schützen im Gegensatz zu Offshore-Aquakulturen maritime Ökosysteme sowie die Lebensräume von Wildtieren, fördern die Artenvielfalt und verhindern, dass es zur Überfischung kommt.
Das Hauptziel von FishPlant ist die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von RAS-Anlagen durch die gleichzeitige Produktion von Meeresfischen und salzresistenten Nahrungspflanzen (Halophyten). Hier wird die Anzucht von Doraden mit dem hydroponischen Anbau von Seespargel (Salicornia) kombiniert. Bei der Hydroponik handelt es sich um eine Art des Pflanzenanbaus, die keine Erde, sondern mit Nährstoffen angereichertes Wasser verwendet. Hierdurch entsteht ein ressourceneffizientes, nachhaltiges Kreislaufsystem: Das nährstoffreiche, salzhaltige Abwasser sowie das produzierte CO2 aus der Fischzucht werden zur Pflanzenproduktion verwendet, während überschüssige Wärme und das produzierte O2 der Pflanzen zurück in die Fischkultur fließen. Diese duale Produktion fördert eine optimale Wertschöpfungskette und stellt eine hohe Wirtschaftlichkeit sicher.
Wir setzen im Projekt seine eigens entwickelte und patentierte Vertical Farming-Technologie OrbiPlant® für die Pflanzenkultivierung ein. Das System verwendet ein aeroponisches Bewässerungssystem, das die Pflanzen mittels integrierter Düsen gezielt mit Wasser und Nährstoffen versorgt. Ein großer Vorteil hierbei ist der minimierte Wasserverbrauch, wodurch weitaus umweltfreundlichere Produktionsbedingungen geschaffen werden, bei denen auf den Einsatz von Pestiziden gänzlich verzichtet und nur ein geringer Anteil an Düngemittel eingesetzt wird.
In FishPlant wird Seespargel in der OrbiPlant®-Anlage angebaut. Dabei handelt es sich um eine salzresistente Pflanze, die in der Natur in Küstenregionen wächst und erst in den vergangenen Jahren als eine wertvolle Nahrungspflanze entdeckt wurde. Der Seespargel verfügt über fleischige, grüne Triebe, die rueich an Vitamin C und Mineralstoffen wie Eisen und Kalium sind. Die Fähigkeit in salzhaltigen Umgebungen zu gedeihen, macht ihn in der Kombination mit der Fischerzeugung zu einem optimalen Kandidaten für den Anbau in Aquakulturen. Sein Geschmack ist salzig mit einer herb-süßen Note und fällt in die Kategorie »umami«, was ihn zu einer vielseitig verwendbaren Zutat in der Lebensmittelindustrie macht.
»In den Niederlanden ist Seespargel bereits in vielen Supermärkten erhältlich, aber in Deutschland nimmt das Interesse an Seespargel gerade erst Fahrt auf. Da er reich an Vitaminen, Mineralien und Antioxidantien ist, gilt der Seespargel als ein echtes Superfood. Sein salzig-würziges Geschmacksprofil macht ihn zu einer aromatischen Zutat im Essen, sowohl roh im Salat als auch gegart als Beilage. Daher sehe ich den Seespargel als eine Marktlücke mit großem wirtschaftlichem Potenzial, insbesondere in Kombination mit der Produktion von Meeresfischen«, erklärt Dr. Marc Stift, Gruppenleiter Vertical Farming am Fraunhofer IME in Aachen.
Im Projekt arbeitet das Fraunhofer IME am Standort Aachen mit dem ebenfalls in Aachen ansässigen Fischproduzenten Aixponic GmbH zusammen, die im Projekt für die Doradenanzucht zuständig sind. Durch die lokale Produktion von Fisch und maritimem Gemüse wird die Abhängigkeit von importierten Lebensmitteln verringert. Dies ist besonders für urbane Gegenden wie Aachen ein Vorteil, da hier der Zugang zu frischen Nahrungsmitteln – und insbesondere zu frischem Meeresfisch – begrenzt ist. Lange Transportwege und hohe Logistikkosten werden durch die Regionalität miniert, ebenso der damit einhergehende CO2-Ausstoß. Das Projekt verfolgt daher nicht nur wirtschaftliche Ziele, sondern trägt auch aktiv zur ökologischen Nachhaltigkeit und zur Verbesserung der Lebensmittelversorgung in urbanen und ariden Gebieten bei.
Das Projekt FishPlant startete im Januar 2025 und wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.