Molekulares Umweltnebenwirkungsscreening
Testung der Umweltwirkung neu entwickelter Wirkstoffe
Die Wirkstoffe aus Pflanzenschutzmitteln, Bioziden, Arzneimitteln oder Kosmetika gelangen entweder gezielt oder über ihre Anwendung am Menschen oder an Materialien in die Umwelt und können dort eine schädliche Wirkung auf Nicht-Zielorganismen ausüben. Die Testung der Umweltwirkung einer stetig wachsenden Zahl an neu entwickelten Wirkstoffen stellt einen immer größer werdenden Kostenfaktor für die Wirkstoff-produzierende Industrie dar. Darüber hinaus sind die regulatorisch geforderten OECD-Tests zeit- und ressourcenaufwändig und somit nicht kompatibel mit einem Screening von Substanzvorläufern.
OMICs
Die Anwendung modernster OMICs-Methoden ermöglicht eine sensitive und gleichzeitig genomweite Identifizierung von Substanz-induzierten molekularen Veränderungen in ökologisch relevanten Organismen auf der Ebene der DNA (Epigenom), der RNA (Transkriptom) und der Proteine (Proteom). Darüber hinaus können solche systembiologischen Untersuchungen mit minimalen Mengen an Bioressourcen durchgeführt werden, was sie zu einem vielversprechenden Ansatz zur frühen Erfassung der Umweltwirkung von Stoffen im Rahmen eines Screenings macht. Gleichzeitig ermöglichen sie eine signifikante Reduzierung der Anzahl an Tierversuchen. Das Wissen über die von einem Stoff hervorgerufenen molekularen Veränderungen und deren direkte Verknüpfung mit Phänotypen und Populationseffekten eröffnet die Möglichkeit einer frühzeitigen Identifizierung ökotoxischer Substanzen und erleichtert die Klassifizierung von Stoffen in Bezug auf ihre Umweltwirkung.
Adverse Outcome Pathways (AOPs)
Die OMICs-basierte Identifizierung solcher Stoffwechselwege, welche durch eine Substanz gestört werden, trägt wesentlich zur Etablierung von Adverse Outcome Pathways (AOPs) bei. Das AOP-Konzept dient zur unmittelbaren Verknüpfung initialer molekularer Ereignisse mit den daraus folgenden schädlichen Effekten für den Organismus und die Population und erfährt auch in der behördlichen Stoffregulation zunehmende Aufmerksamkeit.
Attractgruppe „Eco’n’OMICs“
Die durch das Fraunhofer Attract-Programm geförderte Nachwuchsgruppe „Eco’n’OMICs“ kombiniert ökotoxikologische Ansätze mit OMICs-Methoden (RNA-Seq, quantitative LC-MS/MS), um eine Datenbank mit Substanz-spezifischen frühen molekularen Veränderungen zu generieren, welche schädlichen Effekten auf den Organismus und die Population vorhergehen. Diese molekularen Fingerabdrücke werden genutzt, um Screening-Methoden zur Umweltrisikovorhersage von Substanzvorläufern zu entwickeln. Die Verfügbarkeit eines solchen Umweltnebenwirkungsscreenings während der industriellen Wirkstoffentwicklung vermeidet die kostspielige Weiterentwicklung von Vorläufersubstanzen mit einem hohen ökotoxischen Potenzial und ermöglicht eine nachhaltige Entwicklung von umweltsicheren Wirkstoffen.