Moringablattprotein als Ersatz für Fischmehl in Aquakulturdiäten

Die Bedeutung von Aquakulturprodukten für die weltweite Versorgung mit Fisch steigt stetig und deren menschlicher Konsum übertrifft seit 2014 den von Wildfisch. Viele Zuchttiere werden jedoch mit Futtermitteln gefüttert, die Fischmehl aus Wildfang enthalten. Aufgrund von Überfischung der Meere ist dies keine nachhaltige Situation. Die Blätter der (sub-)tropischen Pflanze Moringa oleifera eignen sich vom Nährstoffprofil als potentielle Proteinquelle für den Einsatz als Futtermittel. Das durch die Fraunhofer Gesellschaft finanzierte Projekt »FIMBA« hatte zum Ziel, hochwertige pflanzliche Proteine aus einfach zu verarbeitendem Moringa-Blattmaterial zu gewinnen, die geeignet sind den Fischmehlanteil in Aquakulturdiäten zu reduzieren.

Gewinnung einer hochwertigen Proteinfraktion aus Moringablättern

Im Rahmen des Projekts wurde eine Moringakultur am Standort des Fraunhofer IME in Aachen etabliert. Mehrere Ernten wurden durchgeführt, dabei wurden gute Erträge mit den im Gewächshaus kultivierten Pflanzen erzielt (Bild 1). Die Produktion von Blattmasse im Gewächshaus lieferte die Basis für eine umfassende Verfahrensentwicklung zur Proteinfraktionierung. Bei der Entwicklung des Fraktionierungsverfahrens standen die Simplizität des Prozesses, die Optimierung der Materialausbeute sowie die Qualität der gewonnenen Fraktion im Vordergrund, um hochwertige Substanzen zu geringen Kosten bereitstellen zu können. Als Ergebnis der Verfahrensentwicklung am IME-Standort in Aachen unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Johannes Buyel (jetzt BOKU Wien) konnte ein einfaches Verfahren zur Proteinfraktionierung definiert werden, das im Projekt zur Gewinnung einer größeren Menge an Moringaproteinextrakt (MPE) für die Durchführung einer Fischfütterungsstudie eingesetzt wurde.

Charakterisierung von Moringaproteinextrakt

Die bei der Prozessoptimierung gewonnenen MPE-Proben wurden in Schmallenberg auf den Gesamtproteingehalt (Bradford und Kjeldahl Methode), den Gehalt an phenolischen Substanzen, Flavonoiden (z.B. Quercetin- und Kaempferol) und antinutritiven Substanzen (z.B. Saponine) sowie das antioxidative Potential (FRAP-Assay, DPPH-Assay) der einzelnen Matrizes untersucht. Der Rohproteingehalt des mit dem optimierten Verfahren gewonnenen MPE lag bei ca. 48 % in der Trockenmasse und damit um rund 18 % höher als im Referenzblattmaterial. Mit der entwickelten Extraktionsmethode konnte also eine signifikante Anreicherung von Blattprotein erzielt werden. Das im Projekt gewonnene MPE enthielt jedoch auch einen nicht unerheblichen Anteil an Flavonoiden, wodurch dem Extrakt neben einem hohen Gesamtproteingehalt auch eine antioxidative Wirkung zugeordnet werden kann. Der Gehalt an antinutritiven Substanzen konnte durch das entwickelte Extraktionsverfahren im Blattextrakt im Vergleich zum Referenzblattmaterial gesenkt werden. Eine vollständige Reduktion dieser Substanzen (z.B. Saponine) ist jedoch nicht möglich.

Fischfütterungsstudie

Mit dem im Projekt produzierten MPE wurde ein Fischfuttermittel mit unterschiedlichen Supplementierungsraten (Ersatz von Fischmehl) hergestellt. Das in der Studie verwendete Fischmehl, welches üblicherweise in Aquakulturdiäten eingesetzt wird, hatte mit rund 60 % einen im Vergleich zum MPE höheren Proteingehalt. Die Versuchsdiäten wurden in einer Fütterungsstudie an den Nilbuntbarsch (Oreochromis niloticus L.) verfüttert. Innerhalb der Versuchsphase wurde das Wachstum der juvenilen Tiere in den Behandlungsgruppen und die Futterverwertung für die einzelnen Versuchsdiäten ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass bis zu 10 % des Proteingehaltes in Aquakulturdiäten von Nilbuntbarschen durch MPE ausgetauscht werden können, ohne eine Beeinträchtigung des Wachstums der Tiere im Vergleich zur Kontrolldiät zu bewirken. Höhere Anteile an MPE im Futtermittel (>20 %) führten in der Studie zu einer Verschlechterung des Wachstums der Versuchstiere. Prof. Dr. Christian Schlechtriem, der die Studien in Schmallenberg leitete, erklärt, dass die in den höheren Supplementierungsstufen beobachteten Effekte vermutlich durch den Gehalt an antinutritiven Substanzen im MPE verursacht wurden, auch wenn dieser durch den Extraktionsprozess im Vergleich zum ursprünglichen Blattmaterial deutlich reduziert werden konnte. Weitere Optimierungen des Extraktionsprozesses wären somit erforderlich, um höhere Gehaltsmengen des pflanzlichen Proteins in Aquakulturdiäten zu ermöglichen.

Das Projekt wurde in Kooperation mit Prof. Dr. Klaus Becker (Universität Hohenheim) und Dr. Heinrich Heinrichs (Africrops) durchgeführt.