Antiviraler Effekt von ISPI-2
Die Erforschung ungenutzter Bioressourcen eröffnet ein breites Spektrum neuer antiviraler Leitstrukturen. Im Rahmen des Projekts wurden bereits eine Vielzahl von Bioressourcen, darunter Pilze und Bakterien, extrahiert und auf ihren antiviralen Effekt hin untersucht. Eine besonders interessante Bioressource stellen Insekten dar. Die Insektenhämolymphe, die mit dem menschlichen Blut vergleichbar ist, wird als eine vielversprechende Quelle für eine Vielzahl von Kandidaten mit antibiotischen, antifungalen und antiviralen Eigenschaften betrachtet. Da die in der Hämolymphe enthaltenen Wirkstoffe noch nicht im Detail untersucht wurden, haben wir die antivirale Wirkung von zellfreien Extrakten aus der Hämolymphe von Larven der Großen Wachsmotte untersucht. Die Große Wachsmotte (Galleria mellonella) ist ein Kleinschmetterling aus der Familie der Zünsler. In der Imkerei wird sie als gefürchteter Schädling betrachtet, da ihre Larven Bienenwaben fressen und zerstören können. In der Forschung werden die Larven der Großen Wachsmotte als Infektionsmodelle für mikrobielle Erreger oder Toxizitätsstudien eingesetzt.
Larven der Großen Wachsmotte wurden unter Verwendung organischer Lösungsmittel extrahiert. Die Arbeiten befassen sich mit der aktivitätsbasierten Fraktionierung der Extrakte mittels UHLPC-MS/MS-Pipeline, welche mehrere Fraktionen mit antiviraler Aktivität ergab. Mittels Proteomanalyse konnten unter anderem die Peptide ISPI-1 und ISPI-2 (induzierbarer Serineproteaseinhibitor 1 und 2) in den antiviral aktiven Fraktionen identifiziert werden. Mittels Affinitätschromatografie konnte ISPI-2 aus den Larvenextrakten isoliert werden. Enzymkinetische Messungen zeigten, dass das Peptid die Protease TMPRSS2 hemmt, die für die Vermehrung von Grippeviren essenziell ist. Auch weitere Proteasen wie die HAT (human airway trypsin-like protease) oder Plasmin werden von ISPI-2 gehemmt. In Zellkulturen konnte ISPI-2 die Virusvermehrung eines pandemischen H1N1-Influenzavirus-Subtyps um das Tausendfache reduzieren. Die Kombination von ISPI-2 mit dem bekannten Grippemittel Oseltamivir erwies sich als besonders wirksam. Die Kombination beider Verbindungen führte zu einer verstärkten Reduktion der Viruslast im Vergleich zur Wirkung der einzelnen Verbindungen.
Ausblick
Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass die Hemmung von TMPRSS2 ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung von Grippeerkrankungen darstellt. Insekten und ihre antiviralen Peptide könnten in Zukunft eine bedeutende Quelle für die Entwicklung neuer antiviraler Wirkstoffe darstellen. Es ist geplant, ISPI-2 auch gegen andere respiratorische Erreger zu testen und in weiteren Studien die Wirksamkeit und Sicherheit von ISPI-2 in Tiermodellen zu untersuchen.